Articles | Volume 90, issue 2
https://doi.org/10.5194/polf-90-63-2022
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Obituary
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23 Nov 2022
Obituary |  | 23 Nov 2022

In memoriam Prof. Dr. Joachim Hofmann (* 7. Juli 1932 – 8. November 2020)

Klaus Stanek
Dates

Am 8. November 2020 verstarb nach kurzer schwerer Krankheit Prof. Dr. Joachim Hofmann, Freiberg.

Joachim Hofmann wurde am 7. Juli 1932 in Schweinsburg/Pleiße in Sachsen geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in der Heimatstadt, das Abitur legte er 1951 an der Oberschule in Crimmitschau ab. Seine berufliche Karriere begann mit einem mehrmonatigen Bergbaupraktikum im Dachschieferbergbau des Frankenwaldes in Lehesten und im Kaliwerk „Glück Auf“ in Sondershausen. Ab dem Herbstsemester 1952 begann er das Geologiestudium an der Bergakademie Freiberg. Seine Diplomarbeit 1957 zum Thema der „Tektonik des Halbhorstes von Netzkau/Vogtland“ empfahlen ihn für eine wissenschaftliche Assistenz bei Prof. Adolf Watznauer am neugegründeten Institut für Geologie. Seine Assistenz-Zeit nutzte Jochen Hofmann zu einem dreisemestrigen Zusatzstudium am Lehrstuhl für Petrographie der Universität Leningrad und am Institut für Präkambrische Geologie und Geochronologie der Akademie der Wissenschaften der Sowjetunion. Das postgraduale Studium in Leningrad war verbunden mit Expeditionen in die hochmetamorphen Einheiten Kareliens und in das Fergana-Becken mit seinen Gebirgsumrandungen in Kirgisien, Zentralasien.

https://polf.copernicus.org/articles/90/63/2022/polf-90-63-2022-f01

Abb. 1Prof. Joachim Hofmann 1999 während der Feier zu seiner Emeritierung (Foto: © Christa Hofmann).

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Der Studienaufenthalt war in mehrfacher Hinsicht richtungsweisend für Jochen Hofmann. Er kam mit einer etwas anderen Sicht auf metamorphe Gesteinsserien nach Freiberg zurück. Diese Erfahrungen flossen in seine Dissertation „Zur Petrotektonik des Gneiskomplexes von Freiberg“ (1964) und später in seine Habilitation „Petrologie, Strukturentwicklung und Quarzteilgefüge der Gneise des Osterzgebirges“ (1972) ein. Mit seinen Vorstellungen zur Lithostratigraphie stand Jochen Hofmann nicht immer in einer wissenschaftlichen Linie mit den Kollegen des geologischen Dienstes Sachsens.

Wichtig waren für Jochen Hofmann die russischen Sprachkenntnisse. Diese verschafften ihm die Möglichkeit, die reichhaltige russische Fachliteratur in die akademische Lehre einzuführen, er verstand sich als wissenschaftlicher Mittler anknüpfend an große Vorbilder wie Serge von Bubnoff. Ein weiterer Aspekt war die Verbindung zu den Kollegen des Präkambrium-Institutes. Über diese Verbindung war es ihm möglich, als erster DDR-Geologe im Winter 1973/74 an der 19. Sowjetischen Antarktis-Expedition mit Forschungen zur Strukurgeologie und Geochronologie in den Prince Charles Mountains, Ostantarktis, teilzunehmen. Es folgten die Teilnahme an der 23. (westliches Enderby Land) und 30. Antarktisexpedition (Shackleton und Pensacola Mountains). Jochen Hofmann wurde damit Begründer und Vertreter der Antarktisgeologie in der DDR, es bahnte den Weg für die Kollegen des Zentralinstitutes für Physik der Erde (ZIPE) in Potsdam und auch für Kollegen und Studenten der Bergakademie. Aus dem ZIPE in Potsdam, das Ende 1991 wie alle anderen Institute der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR geschlossen wurde, ging als Neugründung das Deutsche GeoForschungsZentrum im Januar 1992 hervor. Hofmanns Projekt, die erste deutsche geowissenschaftliche Promotion in der Antarktis an die Bergakademie zu holen, haben wir 1981 (KS) geschafft. Während seine Schüler und Kollegen die Geländeforschung in der Antarktis fortsetzen, vertrat Jochen Hofmann von 1981 bis 1991 die DDR-deutsche Antarktisforschung als Mitglied des „Scientific Comitee on Antarctic Research“, hier traf er schon 1982 in Australien die Begründer der bundesdeutschen Antarktisforschung Franz Tessensohn, Hubert Miller und Georg Kleinschmidt. Später trat er der Deutschen Gesellschaft für Polarforschung bei. Viele Jahre hielt er Verbindungen zu russischen als auch amerikanischen und australischen Kollegen. Stellvertretend seien hier Garik Grikurow, Alexei Masolov, Lonja Fjodorov und Ed Grew genannt. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Franz Tessensohn, dem Leiter des Polarreferates der BGR.

1975 wurde Jochen Hofmann an der Bergakademie zum Dozenten für Strukturgeologie, sechs Jahre später, 1981 zum ordentlichen Professor für Strukturgeologie berufen. Dem gingen Kurzzeitdozenturen in Burma und Laos voraus. Jochen Hofmann war ein Wissenschaftler der „alten Schule“. Er verlangte Leistung und vollen Einsatz im Studium der Geologie, er lebte diesen Einsatz täglich vor. Seine Vorlesungen deckten die Felder der Strukturgeologie, Geotektonik, der Feldgeologie und manches mehr ab. Sie wurden in jedem Jahr aktualisiert, was in Vor-Computerzeiten einen immensen Arbeitsaufwand bedeutete. Eine engagierte Vortragsweise und klare Formulierungen, gewürzt mit Anekdoten aus seiner Auslandstätigkeit, wurden von den Studenten geschätzt. Dagegen war seine gerade, direkte Art der Diskussion und Prüfungen unter Studenten etwas gefürchtet, erst in den letzten Jahren zog eine gewissen Altersmilde ein. Seinen mehr als 70 Diplomanden und 25 Doktoranden war er stets ein engagierter Ratgeber, teilweise väterlicher Freund. Den meisten Studenten sind die Geländepraktika im Erzgebirge und vor allem im Schiefergebirge Thüringens in Erinnerung geblieben. Neben der Vermittlung von geologischen Kenntnissen im Gelände spielten stets auch kulinarische Besonderheiten der Regionen eine große Rolle, in Thüringen war es die geräucherte Forelle im Gasthof von Eichicht. Ein guter Wodka, das berühmte Gänseschmalz und frisches Brot gehörten zu dem Ritual, welches in den ersten Tagen des neuen Jahres im Institut von Jochen zelebriert wurde und das die Fachkollegen der verschiedenen Bereiche zusammenbrachte.

Während und nach der politischen Wende an der Bergakademie organisierte Jochen Hofmann als neuberufener Professor für Regionale und Strukturgeologie die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit den Universitäten in Darmstadt und Mainz und öffnete sich neuen wissenschaftlichen Problemfeldern. Mit großem Erfolg kehrte er jedoch zu seinen wissenschaftlichen Wurzeln zurück.

In der angewandten Forschung zur Qualitätseinschätzung und Begutachtung von Dachschiefer-Lagerstätten in Thüringen, der Slowakei, Spaniens und England legte er einen Grundstein für die zeitweilige Weiterführung des Abbaus in Unterlockwitz im Thüringer Schiefergebirge. Mit einem Kompendium zum Dachschieferbergbau in Mitteleuropa schloss Jochen Hofmann seine wissenschaftliche Tätigkeit vor wenigen Jahren ab.

Die Worte von Reimar Selbmann und Jochen Rötzler stehen stellvertretend für viele seiner Schüler:

Jochen Hofmann war zweifelsohne eine charismatische Persönlichkeit als Hochschullehrer und Mentor, einer der für uns prägend war betreffs Fachkenntnis und ansteckendem Enthusiasmus. Wir kannten ihn als freundlichen, aufmerksamen, respektvollen Lehrer und späteren Kollegen. Er hielt vorbildliche Vorlesungen und führte gewinnbringende Exkursionen. Noch in hohem Alter war er ausnehmend lernfähig. Wir werden ihn als väterlichen Freund, Doktorvater und Begleiter unserer beruflichen Entwicklung immer in guter Erinnerung behalten.

Begutachtung

This paper was edited by Bernhard Diekmann.