Articles | Volume 89, issue 1
https://doi.org/10.5194/polf-89-99-2021
https://doi.org/10.5194/polf-89-99-2021
Review on polar literature
 | 
21 May 2021
Review on polar literature |  | 21 May 2021

Buchrezension: Die Nordwestpassage 1940–1942 und 1944. Die berühmten Reisen des Schoners St. Roch der Royal Canadian Mounted Police

Cornelia Lüdecke
Dates

Larsen, H. A.: Die Nordwestpassage 1940–1942 und 1944. Die berühmten Reisen des Schoners „St. Roch“ der Royal Canadian Mounted Police, in: Die Polarbibliothek, Band 11, Herausgeber: Isele, K., Books on Demand, Norderstedt, 80 S., ISBN-13 9783748102014, 2019.

https://polf.copernicus.org/articles/89/99/2021/polf-89-99-2021-g01

Der Bericht des Kapitäns der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) Henry A. Larsen (1899–1964) stellt ein höchst interessantes Zeitfenster in die Nordwestpassage Anfang der 1940er Jahre dar, rund 40 Jahre nach der ersten Befahrung durch Roald Amundsen auf der Gjöa. Es ist sehr dankenswert, dass dieser kurze Reisebericht nun erstmals in einer deutschen Übersetzung zugänglich gemacht wird.

Der 1928 gebaute 80-Tonner St. Roch diente der RCMP als Patrouillen- und Versorgungsschiff für die kanadischen Außenposten in der Arktis. Der Leser erfährt, dass die Reise auf der St. Roch von Vancouver nach Osten (1940–1942) damals hauptsächlich dazu diente, die kanadische Souveränität in der Arktis zu bekunden, eine Aufgabe, die heutzutage wichtiger denn je erscheint. Zudem sollten die Einheimischen (Eskimos, heute Inuit), u.a. mit zusätzlichen Lebensmitteln versorgt werden, oder die St. Roch führte Transporte in nächstgelegene Krankenhäuser bzw. Schulinternate durch. Nebenbei lernt der Leser einiges über die damaligen sozialen Verhältnisse in Point Hope, Point Barrow, Herschel Island, Cambridge Bay, Gjöa Haven und Pasley Bay. Akribisch bereitete Larsen in Cambridge Bay die Überwinterung und die Schlittenreisen im nächsten Jahr vor, wobei er beispielsweise auch auf die Techniken der Eskimos zurückgreift, um die Schlittenkufen zu glätten. Sehr interessant ist auch seine Schilderung, wie er im Winter Schlittenproviant herstellt. Überhaupt dürfte seine Beschreibung der noch recht ursprünglich lebenden Eskimos bis hin zum freiwilligen Selbstmord kranker alter Menschen auch von ethnologischem Interesse sein. Dazu treten einzigartige Erlebnisse während der Schlittenpatrouillen.

Der Rückweg von Ost nach West durch den bislang noch nie befahrenen Lancaster Sound im Jahr 1944 klappte sogar ohne Überwinterung. In 86 Tagen bewältigte die St. Roch 7205 Seemeilen. Damit war sie das erste Schiff, das die Nordwestpassage in beiden Richtungen befahren hat. Auf der Rückreise besuchte Larsen zudem die Relikte historischer Expeditionen wie von Franklin auf Beechey Island. In einem Rückblick auf frühere Expeditionen erscheint Larsen die neue Route über die Lancaster Sound die zukünftige Route zu sein, die aus der Sicht der 1940er Jahre mit modernen starken Eisbrechern künftig befahren werden könne. Nun sind wir vielleicht bald soweit. In diesem Zusammenhang kann jedem, der sich für die Geschichte der Nordwestpassage interessiert, Larsens Bericht empfohlen werden. Fotos und zwei Karten von den jeweiligen Fahrten runden die Ausstattung des Buches ab, das in einer Editionsreihe von Reprints, erstmaligen Übersetzungen und Erstauflagen von Polarbüchern herausgekommen ist.

Begutachtung

This paper was edited by Bernhard Diekmann.